In der pharmazeutischen und biotechnologischen Industrie ist ein robustes Deviation-Management (Abweichungsmanagement) ein essenzieller Bestandteil eines wirksamen Qualitätsmanagementsystems (QMS) und der Pharmaceutical Quality System (PQS, z. B. gemäß ICH Q10) [3] zu verankern. Fehler oder Abweichungen sind nicht nur unvermeidlich, sondern bieten eine wichtige Lernchance, sofern sie systematisch erkannt, untersucht und nachhaltig gelöst werden. Ein gut gelebtes Deviation-Management schützt nicht nur die Patientensicherheit und Produktqualität, sondern sichert zudem regulatorische Compliance, reduziert wirtschaftliche Verluste und minimiert Prüfungsrisiken bei Inspektionen von Behörden wie FDA, EMA oder Swissmedic.
Dieser Artikel beleuchtet umfassend die Warum- und Wie-Aspekte des Deviation-Managements, nennt praxisnahe Beispiele und diskutiert Chancen, Grenzen und Stolpersteine. Ziel ist, Ihnen als Fachperson einen fundierten Leitfaden zu liefern, mit dem Sie Ihr Deviation-Management auf das nächste Level bringen.
Eine Deviation ist eine ungeplante Abweichung von genehmigten Methoden, Verfahren, Spezifikationen, Standardarbeitsanweisungen (SOPs) oder Prozessbedingungen während Herstellung, Prüfung, Verpackung, Lagerung oder Distribution. Die EU-GMP-Richtlinie (EudraLex Volume 4) betont, dass signifikante Abweichungen vollständig dokumentiert und untersucht werden müssen, um Ursachen zu ermitteln und angemessene Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen (CAPA) abzuleiten [8, Kap. 1.8 VII].
Wichtig: Eine Abweichung darf nicht als „geplant“ deklariert werden — geplante Änderungen gehören in das Change-Control-System und nicht ins Deviation-Management. Dies wird oft diskutiert (z. B. ECA Academy: „In GMP, nothing should be declared as a deviation that was planned beforehand. This is a change.“) [5].
Eine Ausnahme ist der Begriff „planned deviation“ in manchen Industrien, z. B. in der klinischen Forschung (siehe Protokollabweichungen) — diese sind jedoch fachlich und regulatorisch grundsätzlich anders zu behandeln.
Patientensicherheit & Produktschutz: Jede Abweichung birgt potenzielle Risiken für Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Stabilität.
Regulatorische Anforderungen & Inspektionen: GMP-Audits und Behörden erwarten ein lückenloses Deviation-System. Mängel führen zu FDA Warning Letters, 483-Formularen oder EMA Form 483-ähnlichen Feststellungen [7, 1].
Kontinuierliche Verbesserung: Deviationen sind oft Frühindikatoren für systemische Schwachstellen.
Finanzielle Konsequenzen: Produktionsunterbrechungen, Ausschuss, Nacharbeit oder Rückrufe sind teuer. Investitionen in gutes Deviation-Management amortisieren sich häufig über Einsparung und Risikovermeidung.
Time-to-Market / Timelines: Verzögerungen durch unzureichendes Handling einer Abweichung können zulassungsrelevante Zeitpläne (z. B. bei klinischen Produkten) gefährden.
Institution / Dokument | Relevanz für Deviation Management |
---|---|
EudraLex Volume 4 – EU GMP | Verankert Pflicht zur Untersuchung „signifikanter Abweichungen“ und CAPA in Kapitel 1.8 VII [8] |
PIC/S Guide to GMP (Part I, 2023) | Betont Qualitätssystem, Änderungs- und Abweichungsmanagement im Kontext der PQS [16] |
ICH Q9 – Quality Risk Management | Bietet Prinzipien und Tools zur Risikobewertung und Priorisierung von Abweichungen [32] |
ICH Q10 – Pharmaceutical Quality System | Verankert Deviation-Management als integralen Bestandteil des QMS [3] |
WHO Deviation/GMP Guidance (z. B. DCVMN Notes) | Spezielle Empfehlungen für Abweichungen in Impfstoffproduktion und biologischen Produkten [23] |
FDA Guidance – Biological Product Deviation Reporting | Definiert Pflichten zur Meldung biologischer Abweichungen (21 CFR 600.14) [21] |
FDA Guidance – Quality Systems Approach to CGMP Regulations | Empfehlungen zur Implementierung eines risikobasierten Systems inklusive Abweichungsmanagement [18] |
Diese Referenzen bilden zusammen den regulatorischen Bezugsrahmen, in dem Ihr Deviation-System operieren sollte.
Behörden erwarten u. a.:
Zeitnahe Erkennung und Meldung einer Abweichung
Formalisierte Investigationsmethodik (systematisch, dokumentiert)
Ursachenanalyse (Root Cause Analysis, RCA)
Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen (CAPA), mit Verantwortlichkeiten und Terminen
Verifizierung der Wirksamkeit (Effectiveness Check)
Trendanalysen und Management-Reviews
Risikoorientierte Priorisierung: kritisch vs. weniger kritisch
Vollständige, nachvollziehbare Dokumentation mit Rückverfolgbarkeit
Schnittstellen zu Change Control, Audit, Schulung, Qualitätssystem
Meldung an Behörden, wenn gesetzlich erforderlich
Beispielsweise fordert die FDA, im Falle signifikanter biologischer Abweichungen eine Meldung innerhalb bestimmter Fristen (z. B. 45 Kalendertage) [27].
Im EU-Raum gilt: Wenn eine unerwartete Abweichung Auswirkungen auf die Marketing-Autorisation (MA) hat, kann dies die Chargenzertifizierung durch den Qualified Person (QP) verhindern [33].
Ein robustes Deviation-System kann in mehrere überlappende Phasen unterteilt werden. Nachfolgend ein pragmatischer, bewährter Ablauf mit Vertiefung der einzelnen Schritte.
Auslöser
Abweichungen können erkannt werden durch:
Operator, Inprozess-Kontrollen, Monitoringsysteme
Alarmierungssysteme / Qualitätskontrollen
Audit oder Selbstinspektion
Beschwerden / Rückmeldungen
Trends aus Prozessdaten
Sofortmaßnahmen (Containment /
Quarantäne)
Bei Erkennung sollte unmittelbar geprüft werden, ob eine akute
Gefährdung vorliegt (z. B. Kontamination). Es kann nötig
werden:
Stoffe / Batches in Quarantäne zu nehmen
Freigabe oder Einsatz zu stoppen
Material zu sichern, Proben zu entnehmen
Prozess abzubrechen oder zu isolieren
Diese Maßnahmen müssen dokumentiert sein und häufig in einem Deviation-Incident Report erfasst werden — inkl. Datum, Uhrzeit, betroffene Charge, beteiligte Operatoren, Beschreibung des Abweichungsereignisses, Hinweise auf mögliche Auswirkungen (Qualität, Sicherheit, Timelines).
Klassifizierung / Priorisierung / Erste Bewertung
Ist die Abweichung kritisch, major oder minor?
Hat sie potenziell Einfluss auf Patientensicherheit oder Wirksamkeit?
Bedarf sie sofortiger Meldung an Behörden?
Eine solche Einschätzung erfolgt idealerweise risikobasiert nach ICH Q9-Prinzipien [30].
Beispiel: In einer Biologika-Produktion wird ein Temperaturabfall im Kältetransport erkannt. Das Material wird sofort isoliert, Temperaturprotokolle geprüft, und das betroffene Intervall wird identifiziert. Die Abweichung wird als major eingestuft und zur weiteren Untersuchung freigegeben.
Dies ist das Herzstück: Die strukturierte Ursachenanalyse, idealerweise mit mehreren Moderatoren oder einem Cross-Funktionsteam. Gängige Methoden sind:
5-Why-Technik
Ishikawa / Fishbone-Diagramm
FMEA / Fault Tree Analysis
Pareto-Analyse
Ishikawa + Brainstorming / Wechselperspektive
Ziel: Identifikation der wahren Ursache(n), nicht der symptomatischen Abläufe.
Untersuchungsbereiche / Aspekte
Mensch (z. B. Training, Bedienfehler)
Maschinerie / Equipment
Material / Rohstoffe
Methode (SOP / Prozessparameter)
Umgebung / Facility (z. B. Reinraumbedingungen)
Software / Datenintegrität
Schnittstellen mit anderen Prozessen
Während der Investigation gilt es, Hypothesen zu prüfen, Daten heranzuziehen (Logfiles, Trends, Kalibrierdaten, Prozessaufzeichnungen, Umgebungsdaten) und gegebenenfalls Versuche zur Reproduktion durchzuführen.
Praxisbeispiel
In einem aseptischen Füllprozess kommt es zu einem
Partikelschlag in einem Bulk-Rührgefäß. Die Hypothesen:
Materialverunreinigung
Defekte Dichtung am Rührer
Bedienfehler bei Reinigung
Luftströmungseinflüsse
Durch Untersuchung des Reinigungssystems, der Dichtungsstände, Logfiles und Messdaten wird als Root Cause eine unzureichende Reinigungsvorgabe erkannt (SOP war unvollständig) und eine falsche Dichtung eingebaut.
Basierend auf der Root Cause Analysis müssen Sie Maßnahmen ableiten und implementieren:
Corrective Actions (Korrekturmaßnahmen) zur unmittelbaren Beseitigung der Ursache
Preventive Actions (Vorbeugemaßnahmen) zur Vermeidung zukünftiger Instanzen
Wichtig: Maßnahmen müssen zielgerichtet, wirklich ursachenbezogen, verantwortet, terminiert und überprüfbar sein.
Beispiele:
SOP überarbeiten / klarer formulieren
Schulung / Kompetenzüberprüfung von Operators
Änderung von Ausrüstung / Wartungsintervallen
Automatisierte Kontrolle / Sensoren ergänzen
Trendüberwachung verstärken
Schnittstellen anpassen (Change Control, Audit)
Die Effektivität jeder Maßnahme muss durch Wirksamkeitsprüfung (Effectiveness Check) bewertet werden — z. B. durch Nachverfolgung über definierte Indikatoren (z. B. Rückfallraten, Trendanalysen, Audits).
Basierend auf Untersuchung und CAPA ergibt sich die Entscheidung, wie mit der betroffenen Charge/material verfahren wird:
Freigabe
Teilfreigabe unter Einschränkungen
Rückweisung / Ausschuss
Re-Processing oder Nacharbeiten
Diese Entscheidung liegt oft bei der Qualitätsabteilung und – bei wesentlich kritischen Fällen – bei der Qualified Person (QP) im EU-Kontext. Wenn eine unerwartete Abweichung Einfluss auf die Marketing-Authorisation (MA) hat, darf der QP eine Charge möglicherweise nicht freigeben [33].
Eine vollständige Disposition-Logik ist zu dokumentieren und Teil des Deviation-Berichts.
Jede Abweichung muss in einem strukturierten Deviation-Bericht dokumentiert werden, der mindestens folgende Elemente enthält:
Beschreibung der Abweichung
Sofortmaßnahmen / Containment
Daten & Fakten (Logfiles, Messwerte, Fotos)
Ursachenanalyse / Hypothesen
CAPA inklusive Verantwortlichkeit und Terminen
Entscheidung / Disposition
Wirksamkeitsprüfung
Trend- & Rückfallanalyse
Management-Review-Einbindung
Die Dokumentation muss vollständig, nachvollziehbar, revisionssicher und audit-/inspektionssicher geführt werden.
Ein effektives Deviation-System erhebt nicht nur Einzelereignisse, sondern aggregiert sie:
Clusterbildung nach Ursache, Prozessbereich, Zeitpunkt
Pareto-Analysen über Ursachen
Erkennung von systemischen Schwächen (z. B. ständige Gebietsabweichungen im Reinraum)
Ableitung strategischer Verbesserungsinitiativen
Verbindung mit Change Control, CAPA-Priorisierung, Audits, Management-Review
So entsteht ein kontinuierlicher Verbesserungszyklus, der über die reine Fehlerbehebung hinausgeht.
Situationsbeschreibung
In einem Zwischenlager für Wirkstoffzwischenprodukte wurde über
einen Zeitraum von 4 Stunden eine Temperaturabweichung von +2
°C über Obergrenze festgestellt.
Containment / Erstmaßnahmen
Material in Quarantäne, Alarmierung von Qualität und Technik,
Protokolle ausgewertet.
Untersuchung & Root Cause
Überprüfung des Kühlsystems: Pumpenlaufzeiten, Kältemittel
Auswertung von Logdaten der Klimaanlage
Inspektion von Lüftungsgittern und Filterstatus
Trendanalyse früherer ähnlicher Abweichungen
Ergebnis: Der Lüftungskanal war teilweise blockiert (Staubablagerungen), was zu ungleichmäßiger Luftzirkulation führte.
CAPA-Maßnahmen
Sofortige Reinigung und Freigabe der Lüftungskanäle
Präventive Wartungsintervalle (z. B. alle 3 Monate) in SOP verankern
Ergänzung eines Redundanzsystems (Alarm bei Differenz >1 °C)
Schulung Facility-Team zu Kanalwartung
Disposition
Material bleibt in Quarantäne, Qualitätsprüfung (Stabilität,
Reinheit) zeigt keine Auffälligkeiten → Freigabe möglich.
Trend & Review
Analyse zeigt, dass Kanalverstopfung bereits 3 Mal in letzten
12 Monaten Thema war — weitergehende Instandhaltungsstrategie
wird beschlossen.
Situationsbeschreibung
Während Vacuum-Fill in einer sterilen Produktionslinie wird
Partikeleindruck im Bulk-Behälter beobachtet.
Containment
Produktion sofort gestoppt, Charge isoliert, Umgebung
abgesucht, Luftstromverhältnisse geprüft.
Untersuchung / RCA
Parallel zu Partikelzählung wurden folgende Hypothesen geprüft:
Fremdkörperanteil im Bulk
Abrieb eines mechanischen Teils
Reinigungsfehler
Fehlerhafte Werkstoffauswahl (z. B. Mikrorisse in Dichtung)
Luftströmungsturbulenzen
Durch Sichtmikroskopie und Materialanalyse wurde eine Mikrofragmentation einer Kunststoffdichtung ermittelt. Ursache: Materialmüdigkeit aufgrund zu hoher Zyklushäufigkeit.
CAPA
Austausch des Dichtungstyps gegen robustere Version
Anpassung des Wartungsplans
Prüfung aller vergleichbaren Dichtungen
Kontrolle bei jeder Charge
Aktualisierung SOP und Anlagenstandards
Disposition & Freigabe
Chargen unter Partikelgrenzwert freigegeben, andere betroffene
Chargen rückgestellt, ggf. Ausschuss.
Lehren & Trend
Diese Ursache war bislang unbekannt. Basierend auf Trendanalyse
wird das Dichtungskonzept aller Linien überprüft.
Situationsbeschreibung
In einem Qualitätssicherungslabor zeigt die LIMS-Exportfunktion
gelegentlich fehlerhafte Dezimalstellen — trotz korrekter
Messwerte.
Containment
Betroffene Reports gesperrt, QC-Team informiert,
Backup-Maßnahmen (manuelle Kontrolle) aktiviert.
Untersuchung / RCA
Logdateien analysiert
Versionierung und Change-Historie geprüft
Vergleich mit Backup-Daten
Prüfung der Schnittstelle zwischen Instrument und LIMS
Resultat: Ein fehlerhafter Patch eines Drittanbieters hatte eine Rundungsroutine geändert.
CAPA
Zurückrollen des Patches
Prüfung aller ähnlichen Module
Validierung des Patch-Management-Prozesses (Change Control-Verbindung)
Einführung zusätzlicher Tests nach Patches
Schulung IT- und QS-Team
Disposition
Alle Reports neu generiert, freigegeben, sofern Daten validiert
sind.
Trend & Review
Neue Richtlinie: Jeder Patch erfordert vor Einsatz
QC/QA-Sign-off; IT-Change Control mit Qualitätsbeteiligung wird
etabliert.
Oberflächliche Ursachenanalyse („Symptombekämpfung“) führt zu Rückfällen
Generische CAPAs ohne spezifischen Bezug zur Ursache
Verspätete Reaktion / Verzögerung in der Initialmeldung
Unklare Verantwortlichkeiten / fehlendes Ownership
Mangelnde Wirksamkeitsprüfung / fehlende Validierung
Silos und fehlende Kommunikation (z. B. zwischen Produktion, QA, Technik, IT)
Fehlende Ressourcenzuweisung (Personal, Zeit, Budget)
Widerstände gegen Veränderung — Change Management wird unterschätzt
Nicht ausreichend dokumentierte Entscheidungen — Inspektionsrisiko
Abweichungen im Datenhandling, falsche Daten oder unvollständige Dokumentation bergen zusätzliche Risiken (z. B. 21 CFR Part 11, PIC/S PI 041-1) [29]. Jede Abweichung in Softwaresystemen oder Datenübertragungen muss genauso behandelt werden wie im Prozess selbst.
Ein professionelles Deviation-Management erfordert Investitionen: Software (QMS-Tool), Schulung, Ressourcen, externe Beratung. Jedoch:
Reduzierung von Ausschuss, Mehrarbeit, Produktionsstopps
Vermeidung regulatorischer Sanktionen, Rückrufe
Effizienteres Risikomanagement
Längerfristig geringere Fehlerhäufigkeit
In der Praxis konnten Unternehmen erhebliche Einsparungen erzielen durch gezielte Fehlerrückverfolgbarkeit und Trendanalysen.
Ein vollständig integriertes Qualitätsmanagement (gemäß ICH Q10) verbindet Deviation, Change Control, CAPA, Audits, Schulung und Management-Review. Deviationen dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil des kontinuierlichen Verbesserungszyklus.
Ein verzögertes Bearbeiten von Abweichungen erzeugt Backlogs, was zu Nachlässigkeit, Priorisierungsferne und erhöhtem Inspektionsrisiko führt. Einige Beratungsfirmen wie The FDA Group bieten gezielte Unterstützung für Backlog-Abbau an [0].
Best Practice: Priorisierungslogiken, dedizierte Ressourcen, klare KPIs und Eskalationsmechanismen einsetzen.
Moderne QMS- und CAPA-Software erlaubt:
Automatisches Tracking von Abweichungen
Link zu Prozessdaten, Sensoren, Historie
Automatisierte Workflows, Eskalation, Reminder
Dashboarding für Trends, KPI, Backlogs
Dies unterstützt Geschwindigkeit, Rückverfolgbarkeit und Transparenz.
Gemäß ICH Q9 / WHO QRM ist eine risikobasierte Priorisierung wichtiger denn je: Nicht jede Abweichung erfordert eine gleich große Tiefe. Für niedrige Risiken genügen vereinfachte Workflows, während kritische Abweichungen intensivere Investigation benötigen.
In modernen Anlagen mit Prozessanalytischer Technologie (PAT) und kontinuierlichen Prozessen kann Abweichungserkennung in Echtzeit erfolgen. Hier wird Deviation-Management zunehmend integraler Bestandteil der Prozessoptimierung.
Für klinische Studien arbeitet die FDA derzeit an einem einheitlichen Klassifizierungssystem für Protokollabweichungen (Draft Guidance) [24, 20]. Der Ansatz könnte Vorbild sein, wie Abweichungen auch in GMP-Bereichen noch stringenter standardisiert werden.
Abweichungen sind unvermeidlich, aber kontrollierbar – ein gutes Deviation-System verwandelt Fehler in Lernchancen.
Geplante Änderungen ≠ Deviation — klare Abgrenzung zu Change Control.
Strukturiertes Vorgehen (Erkennung, Containment, Investigation, CAPA, Disposition, Wirksamkeitsprüfung) ist Pflicht.
Ursachenanalyse muss tiefgehen — generische Maßnahmen reichen nicht.
Risikobasierte Priorisierung gemäß ICH Q9 schützt Ressourcen und fokussiert auf Kritikalität.
Effektive Software-Unterstützung (QMS, CAPA, Dashboard) steigert Effizienz und Transparenz.
Datenintegrität und Schnittstellen (IT, Audit, Change Control) müssen nahtlos eingebunden werden.
Trendanalysen und Management-Review ermöglichen systemische Verbesserungen, nicht nur punktuelle Lösungen.
Backlog-Vermeidung & Eskalationsmechanismen sind essenziell, um Qualitätssysteme lebendig zu halten.
Regulatorische Anforderungen ernst nehmen — mangelhafte Abweichungsbearbeitung ist häufige Ursache von Inspektionsthemen.
Ein professionell implementiertes Deviation-Management ist kein Luxus, sondern ein zentrales Rückgrat jeder GMP-konformen Organisation — und Ausdruck gelebter Qualität und Verantwortung gegenüber Patienten, Mitarbeitenden und Regulatorik.
European Medicines Agency. (2025, 08. April). Guidance on good manufacturing practice and good distribution practice – Questions & Answers. Abgerufen von https://www.ema.europa.eu [Zugriff 04.10.2025]
European Commission. (o. J.). EudraLex – Volume 4 – Good Manufacturing Practice (GMP) guidelines. Abgerufen von https://health.ec.europa.eu/medicinal-products/eudralex/vol-4_en [Zugriff 04.10.2025]
U.S. Food and Drug Administration. (2008). Guidance for Industry Q10 Pharmaceutical Quality System. Abgerufen von https://www.fda.gov/media/71553/download [Zugriff 04.10.2025]
FDA. (2006). Guidance for Industry: Quality Systems Approach to Pharmaceutical CGMP Regulations. Abgerufen von https://www.fda.gov/media/71023/download [Zugriff 04.10.2025]
ECA Academy / GMP-Compliance Manager. (o. J.). GMP: Are there “planned” deviations? Abgerufen von https://www.gmp-compliance.org/… [Zugriff 04.10.2025]
DCVMN. (2013). Deviation Handling and Quality Risk Management – Notes for Guidance (WHO-orientiert). Abgerufen von https://dcvmn.org/wp-content/uploads/2016/03/who_guidance_deviation_and_risk_mgt_2013.pdf [Zugriff 04.10.2025]
GMP-Compliance / ECA Academy. (o. J.). Unexpected Deviations: the Role of the QP. Abgerufen von https://www.gmp-compliance.org/… [Zugriff 04.10.2025]
PIC/S. (2023). Guide to Good Manufacturing Practice for Medicinal Products, Part I. Abgerufen von https://picscheme.org/docview/6606 [Zugriff 04.10.2025]
FDA. (2006). Guidance for Industry: Biological Product Deviation Reporting for Licensed Manufacturers. Abgerufen von https://www.fda.gov/media/76309/download [Zugriff 04.10.2025]
FDA. (o. J.). Biological Product Deviations. Abgerufen von https://www.fda.gov/vaccines-blood-biologics/report-problem-center-biologics-evaluation-research/biological-product-deviations [Zugriff 04.10.2025]
GMP-Insiders. (o. J.). Deviation Management Process In GMP. Abgerufen von https://gmpinsiders.com/deviation-management-process/ [Zugriff 04.10.2025]
BioProcess International. (o. J.). Managing Good Manufacturing Practice Deviations. Abgerufen von https://www.bioprocessintl.com/qa-qc/biopharmaceutical-quality-managing-good-manufacturing-practice-deviations [ZZugriff 04.10.2025]
SimplerQMS. (2023, 07. Dezember). Deviation Management Process in the Pharmaceutical Industry. Abgerufen von https://simplerqms.com/deviation-management/ [Zugriff 04.10.2025]
FDA. (o. J.). Current Good Manufacturing Practice (CGMP) Regulations. Abgerufen von https://www.fda.gov/drugs/pharmaceutical-quality-resources/current-good-manufacturing-practice-cgmp-regulations [Zugriff 04.10.2025]
ICH. (o. J.). Quality Guidelines. Abgerufen von https://www.ich.org/page/quality-guidelines [Zugriff 04.10.2025]
PIC/S. (2021). PIC/S guidance: Good Practices for Data Management and Integrity (PI 041-1). Abgerufen von https://picscheme.org/docview/4234 [Zugriff 04.10.2025]
WHO. (o. J.). Annex 2 – WHO Guidelines on Quality Risk Management. Abgerufen von https://www.who.int/docs/default-source/medicines/norms-and-standards/guidelines/production/trs981-annex2-who-quality-risk-management.pdf [Zugriff 04.10.2025]